Variabler Shot: Die Kunst der Espresso-Zubereitung


10. August 2021
Espresso

7 Gramm frisch gemahlener Kaffee, 88 Grad heißes Wasser, 25 Sekunden Durchlaufzeit bei 9 bar Druck, am Ende landen etwa 25 Milliliter in der Tasse. Kenner nicken wissend bei diesen Angaben, handelt es sich hierbei doch um die Eckdaten für den perfekten Espressogenuss, die das Nationale Institut für italienischen Espresso empfiehlt.

Der Barista zelebriert den ganzen Vorgang, komprimiert das Kaffeemehl im Siebträger gekonnt mit einem Tamper – jeder Handgriff sitzt. So ein kleiner Schluck Espresso aus einem vorgewärmten Tässchen kann richtig glücklich machen. Der Geschmack von dunkler Schokolade, Karamell oder Kakao verwöhnt die Geschmacksknospen der Zunge. Zu bitter sollte er nicht sein, der Nachgeschmack unbedingt Lust auf mehr machen. Die dichte, haselnussbraune Crema als zusätzlicher Hingucker rundet den Gesamteindruck ab.

Espresso ist das Nationalgetränk Italiens

Traditionalisten schwören auf diese Art der Zubereitung. Kapselkaffee? Um Himmels willen! Vollautomaten? Gott bewahre! Vorgemahlener Kaffee? Auf gar keinen Fall! „Schuld“ an dieser anspruchsvollen Erwartungshaltung und zu Recht stolz auf ihr Nationalgetränk sind die Italiener. Immerhin brachte Luigi Bezzera, ein Ingenieur aus Mailand, bereits 1855 den Prototyp einer Espressomaschine mit auf die Pariser Weltausstellung.

Seitdem hat sich viel geändert, Kaffeetrinker achten mehr auf Qualität und handwerkliche Perfektion, die Maschinen sind ausgereifter geworden. Und seit einigen Jahren gibt es in der Szene eine Bewegung, genannt Third Wave Coffee, die bewusst mit den bewährten Espresso-Traditionen (etwas) bricht und Neues wagt. Single Origin Coffee beispielsweise. Bei diesen Kaffees verzichtet man auf die Mischung aus Arabica und Robustabohnen und konzentriert sich stattdessen auf eine Sorte aus einem bestimmten Anbaugebiet, um den charakteristischen Geschmack herausarbeiten zu können.

Espresso

Espresso ist ein genussvoller Koffeinkick. (Foto: Firma V/stock.adobe.com)

Auch die Röstverfahren haben sich verändert. Werden vor allem in Süditalien die Bohnen traditionell sehr dunkel geröstet, geht der Trend insgesamt zu deutlich helleren Röstungen. So entstehen oft sehr fruchtige Noten in der Tasse. Auch mit den eingangs erwähnten Parametern wird experimentiert, die Kaffeemenge pro Tasse deutlich erhöht oder die Durchlaufzeit verlängert.

Ein neuer Trend beschäftigt sich mit der Wasserqualität. Immerhin besteht ein Espresso-Shot zu rund 98 Prozent aus Wasser. Deshalb gibt es jetzt Mineralien, die in kleinen Tütchen verkauft werden. Mischt man das Pulver in destilliertes Wasser, soll so das perfekte Wasser für den Kaffee entstehen. Das klingt Ihnen zu abgedreht? Sie haben wahrscheinlich recht. Aber es zeigt, wie ernst es die Szene meint mit der Optimierung aller Faktoren.

Traditionelle oder moderne Varianten – Das Ergebnis muss schmecken

Also Vorsicht! Die Experimentierfreude dieser jungen Barista-Generation könnte zu neuen Geschmackserlebnissen führen. Aber lassen Sie sich dennoch nicht von allzu viel Technik und Hipstergehabe blenden. Der teuerste Maschinenpark bringt nichts, wenn der Barista dahinter nur überschaubares Talent zeigt. In den von uns ausgewählten Cafés sollte Ihnen das nicht passieren. Egal, wie Sie Ihren Espresso genießen möchten, ob traditionell oder in einer moderneren Variante – was zählt, ist die Leidenschaft und das Können des Baristas. Und schmecken sollte der kleine Koffeinkick natürlich auch. (me)

Diese und viele weitere Trends sind immer wieder ein Thema im Gastroguide espresso.